Keine Spur von Langeweile

Von Ulrich Boller

Kronberg - Einfach nur Noten darstellen ist dieses Dirigenten Sache nicht. Karl-Christoph Neumann, Gründer und künstlerischer Leiter des Neuen Orchesters Kronberg (NOK), liebt den beherzten, dramaturgisch profilierten Zugriff auf ein Werk. Bei der zehnten Streichersinfonie des jugendlichen Felix Mendelssohn Bartholdy waren diese für den langjährigen Musiklehrer und Orchesterleiter charakteristischen Gestaltungsmerkmale einmal mehr zu erleben. Aus dem dunklen, geheimnisvollen Grummeln der Celli und Bässe entwickelten Dirigent und Orchester eine durchaus zwingende Steigerungslinie, die im Seitenthema sich wieder beruhigte, ehe sie von neuem anschwoll. Von Langeweile keine Spur in diesem lebendig bewegten Satz in h-moll, dem die ausgedehnten Klangflächen einer langsamen Einleitung vorausgehen.

Als hätten sie in ihrem Leben kaum etwas anderes gemacht als vor großem Publikum zu musizieren, nahmen die beiden erst zwölfjährigen Solistinnen auf ihren Podien im gotischen Chor der Johanniskirche Platz. Wie Merle Geißler und Annabel Hauk jedoch gemeinsam Antonio Vivaldis Konzert für zwei Celli und Streichorchester g-moll spielten, das rief zu recht große Begeisterung hervor. Die beiden Schülerinnen des Kronberger Feuermann-Konservatoriums beherrschten hörbar gut vorbereitet nicht nur ihren Part, sondern hörten auch sehr aufmerksam auf den jeweils anderen. Zusammen mit dem anschmiegsam agierenden Orchester ergab sich ein dialogisches Musizieren im besten Sinn. Nicht nur der Wille, lebendig zu musizieren, auch die bemerkenswert ausgeprägte Fähigkeit zu gestalten, teilte sich unmittelbar mit. Die Generalbassstimme war mit dem Lautenisten Olaf van Gonnissen luxuriös besetzt.

Markant und strahlkräftig

Johann Sebastian Bachs Solokantate "Jauchzet Gott in allen Landen" BWV 51 verströmte zum Ausklang festlich jubilierenden Glanz. Dafür sorgte die vorzügliche Eva Heiny, die den exponierten Trompetenpart markant und strahlkräftig gestaltete. Etwas zu früh schien sich Sopransolistin Amrei Beuerle an dieses ausgesprochen anspruchsvolle Werk herangewagt zu haben. Sie gebot zwar über eine volumenreiche, tragfähige, in den Koloraturen sehr bewegliche, insgesamt jedoch noch unausgeglichene Stimme mit einzelnen unangenehm hervorstechenden Spitzentönen. Die bei Bach so wichtige Textverständlichkeit erwies sich ebenfalls als stark ausbaufähig.

Geschmeidig und stilsicher zeigte sich das Streicherensemble bei Mozarts Andante grazioso aus der Salzburger C-Dur-Sinfonie KV 128 sowie einem sechsstimmigen Ricercare des alten Bach, Teil des 1747 entstandenen "Musikalischen Opfers" BWV 1079. Beide Intermezzi verbanden elastisch die beiden Hauptwerke miteinander.

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